Zu denen gehörend, die mit Gymnasium und Unistudium einen recht kopflastigen Bildungsweg gemacht haben, war und ist das gärtnern für mich Neuland. Dabei bin ich eigentlich schon immer ein sehr naturliebender Mensch gewesen, war nicht nur gerne am Meer und in den Bergen, sondern konnte schon immer mit allen Elementen Sonne, Wasser, Luft und Erde viel anfangen und habe Zeiten in der „Wildnis“ schon immer genossen. Aber gärtnern? Okay, da war auch irgendwann mal ein kleines Gemüsebeet in der Kindheit. Es kam dann aber ein Umzug in ein größeres Mietshaus ohne richtigen Garten, und in der Schule war gärtnern auch kein Thema – schon in der Grundschule war es offenbar wichtiger, Rechnen und Schreiben zu lernen als gärtnern. Gemüse kam wie selbstverständlich aus dem Laden.
Das sollte sich 2021 ändern. Ich kam mir zwar vor als würde ich eine Fremdsprache erlernen, von der ich noch fast gar nichts verstehe, aber es tat mir gut und ich merkte, dass ich es kann. Ein Loch für eine Jungpflanze zu buddeln, sie einzusetzen, etwas Erde anzudrücken, mit einem Schluck Wasser das erste mal anzugießen, bedurfte am Anfang ein unsicheres Nachfragen und Abschauen bei den Könnern, war aber recht bald vertrauter. Sogar so vertraut, dass ich einmal als einziger auf dem Acker eine Reihe Kohl pflanzte, weil noch Jungpflanzen da waren und sonst gerade niemand Zeit hatte. Es war ein intimer Moment, die Hände in Kontakt mit neuem Leben und mit der nährenden Mutter Erde, über mir die Sommersonne eines Juninachmittages, die mir auch den Schweiß trieb. Ich hatte Lust meinen Oberkörper von der Kleidung zu befreien, mein Körper rief förmlich danach, mich mit Erde vollzuschmieren. Und die Schubkarre lud dazu ein, wie in einem Liegestuhl zu verweilen. Es war paradiesisch und ich war verbunden mit allem. Bis das angesagte Gewitter aufzog. Ich freute mich über das Wasser (und die Jungpflanzen wahrscheinlich, hoffentlich auch), und kehrte glücklich nach Hause.
Timm Cebulla, 35 Jahre